Arbeitswelt und psychische Erkrankungen

Rückkehr in Arbeit nach der Rehabilitation

In Deutschland ist etwa jede dritte Person von einer psychischen Erkrankung betroffen. Arbeitsunfähigkeitstage, gesundheitsbedingte Frühberentungen und anerkannte Schwerbehinderungen aufgrund psychischer Störungen haben in den vergangenen Jahren deutlich zugenommen. Psychische Störungen führen dabei doppelt so häufig zu einer Arbeitsunfähigkeit wie somatische Erkrankungen. In der rehabilitativen Versorgung der Deutschen Rentenversicherung wird gut ein Sechstel der stationär erbrachten Leistungen aufgrund psychischer Störungen (ohne Sucht) erbracht (gesamt: 16,7 %; Männer: 12,7 %; Frauen: 20,7 %). Im klinischen Alltag psychosomatischer Rehabilitationseinrichtungen überwiegen Depressionen, Anpassungsstörungen, somatoforme Störungen und Angststörungen.

Um wen und was geht es?

Der bedarfsgerechte Zugang zu rehabilitativen Leistungen ist ein wichtiger Baustein, um Menschen mit psychischen Erkrankungen bei der Rückkehr in Arbeit und der Sicherung von Beschäftigungsverhältnissen zu unterstützen.

Verschiedene Studien haben allerdings gezeigt, dass Menschen, die lange krankgeschrieben waren oder nicht daran glauben, dass ihnen die Rückkehr in Arbeit gelingt, ein deutlich erhöhtes Risiko haben, dass die berufliche Wiedereingliederung nach der Rehabilitation scheitert. Für diese Menschen wurde in den letzten Jahren ein neues Rehabilitationskonzept entwickelt: die medizinisch-beruflich orientierte Rehabilitation, kurz MBOR.

Während der MBOR sollen Diskrepanzen von arbeitsplatzbezogenen Fähigkeiten und Anforderungen so verringert werden, dass berufliche Teilhabe dauerhaft gesichert wird. Dies kann sowohl durch Veränderung der Fähigkeiten als auch Anpassung der Anforderungen geschehen. Den therapeutischen Modulen der MBOR geht in der Regel eine umfassende anforderungsorientierte Diagnostik voraus, in der geklärt wird, inwieweit das Fähigkeitsprofil der Rehabilitandinnen und Rehabilitanden dem Anforderungsprofil der aktuellen oder angestrebten Tätigkeit entspricht. Weitere Elemente der MBOR sind eine intensivierte Sozial- und Berufsberatung, berufsbezogene psychosoziale Gruppenangebote und das Arbeitsplatztraining. Inhalt und Umfang der therapeutischen Module sind im Anforderungsprofil zur Durchführung der MBOR der Deutschen Rentenversicherung Bund beschrieben.

Langer Ausfall
Therapeutische Module
Rückkehr zur Arbeit
Dauerhafte Teilhabe

Aktueller Forschungsstand

Für die Wirksamkeit der MBOR gibt es v. a. bei Muskel-Skelett-Erkrankungen starke Evidenz. Sowohl in randomisierten kontrollierten Studien als auch unter realen Versorgungsbedingungen kehrten Teilnehmerinnen und Teilnehmer einer MBOR häufiger an den Arbeitsplatz zurück als Teilnehmerinnen und Teilnehmer einer herkömmlichen orthopädischen Rehabilitation. Bezüglich der Wirksamkeit der MBOR bei psychischen Erkrankungen stützt sich die Evidenz bislang auf zwei randomisierte kontrollierte Studien, die einen sehr spezifischen Ansatz geprüft haben (externe Belastungserprobung mit begleitenden therapeutischen Gruppen). Ein klarer Nachweis zur Wirksamkeit der in der realen Versorgungspraxis auf der Grundlage des Anforderungsprofils umgesetzten MBOR („Effectiveness“) fehlt. Aufgrund nationaler und internationaler Studien gehen wir davon aus, dass zusätzlich erbrachte berufsbezogene Interventionen in der psychosomatischen Rehabilitation zu günstigeren Wiedereingliederungsergebnissen führen.